Der Bundestag hat jetzt ein Gesetz beschlossen, mit dem dafür ein rechtlicher Rahmen geschaffen wird. Dieses tritt am 01.01.2022 in Kraft.
Verbraucherinnen und Verbraucher sind sich dem Wert ihrer Daten oft nicht bewusst und sehen die Bereitstellung digitaler Produkte als kostenlos an. Die Anbieter werben oftmals damit, dass sie ihre Online-Dienste „kostenlos“ erbringen. Allerdings erhalten sie stattdessen die personenbezogenen Daten der Nutzer, die im Falle einer Weiterverwendung einen größeren Wert haben als viele Verbraucher erwarten.
Das Zurverfügungstellen von Daten bedeutet nämlich Informationen preiszugeben, beispielsweise über seine Interessen oder Lebensweisen, welche die Anbieter weiterverkaufen oder für die Platzierung geeigneter Werbung nutzen. Deshalb hat die Europäische Union eine Richtlinie erlassen, mit dem dieses Modell geregelt werden soll.
Der Bundestag hat die Vorgaben aus der Digitale-Inhalte-Richtlinie nun im Gesetz zur Neuregelung der Verbraucherverträgen über digitale Produkte umgesetzt.
Erstmals gesetzlich geregelt wird dabei das Geschäftsmodell „Leistung gegen Daten“: Wenn ein Verbraucher für eine Leistung seine personenbezogenen Daten bereitstellt, dann wrid das im Vertragsverhältnis gleichgesetzt mit einer Geldzahlung.
Tatsächlich kostenlose Leistungen werden rechtlich anders bewertet als entgeltliche Leistungen. Hintergrund ist, dass natürlich mit einer "geschenkten" Leistung nicht allzu hohe Pflichten einhergehen sollen.
Dieses Privileg wird jetzt für Leistungen, die mit Daten bezahlt werden, abgeschafft. Dadurch gelten wichtige Verbraucherschutzvorschriften auch dann, wenn Verbraucher nur mit ihren Daten bezahlen.
Nicht unter die Regelungen fallen kostenlose Leistungen, wenn nur Daten erhoben werden, die für die Erbringung der Leistung notwendig sind (z.B. Angabe einer E-Mail-Adresse, um ein E-Book zugeschickt zu bekommen). Solange die Daten nur dafür verwendet werden, ist die Leistung weiterhin kostenlos.
Die neuen Vorschriften sorgen für zahlreiche Verbesserungen für Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Kauf von Software, Apps oder E-Books sowie beim Einkauf auf Online-Marktplätzen.
Für Diensteanbieter geben sich einige neue Anforderungen: Sie sind jetzt gezwungen, tatsächlich ein Produkt für Gegenleistung zur Verfügung zu stellen. Außerdem gelten verschiedene Verbraucherschutzvorschriften.
Direkteste Folge sind Anforderungen an Vertragsmäßigkeit. Wenn ich für ein Produkt bezahle, habe ich auch einen Anspruch darauf, dass es ordnungsgemäß funktioniert. Kostenlose Dienstleister haben oft in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgehalten, dass der Kunde eigentlich keinen Anspruch darauf hat, dass das Produkt funktioniert. Solche Regelungen müssen demnächst angepasst werden, sofern der Kunde mit seinen Daten bezahlt.
Wenn das Produkt nicht ordnungsgemäß funktioniert, haben die Kunden gegebenenfalls auch Mängelgewährleistungsrechte.
Auch die Informationspflichten des Anbieters werden neu geregelt. Dieser muss deutlich machen, dass die Leistung mit Daten bezahlt wird und zu welchem Zweck die Daten genutzt werden.
Die Vorschriften sorgen für mehr Transparenz digitalen Vertragsrecht - auch zu Gunsten seriöser Diensteanbieter. Wer tatsächlich kostenlose Dienste anbietet, kann das weiterhin auch wie bisher tun. Wer aber Daten als Bezahlung entgegennimmt, muss darauf hinweisen.
Den Verbraucherinnen und Verbrauchern wird die Wahl gelassen, ob sie die Leistung im Austausch gegen ihre Daten erhalten wollen oder nicht. Entscheiden sie sich dagegen, können sie das Angebot nicht oder nur gegen Zahlung eines Entgelts nutzen. Ebenso besteht die Möglichkeit, die erteilte Einwilligung in die Datenverarbeitung zu widerrufen.
Für den Fall des Widerrufs hat der Dienstleister dann aber auch die Möglichkeit, dem Kunden die Dienstleistung zu kündigen.
Gerade bei Dauerschuldverhältnissen, also im wesentlichen sämtlichen As-a-Service-Produkten ("XaaS"), sei es Software as a Service, oder Platform as a Service, die sich an Verbraucher richten, gibt es Änderungen. Der Unternehmer kann sich nur von seiner Pflicht zur Bereitstellung eines digitalen Produkts lösen, wenn ihm nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Die Gesetzesänderung führt künftig auch zu der Pflicht des Anbieters, beim Verkauf von Software über Aktualisierungen zu informieren und diese bereitzustellen. Digitale Produkte können ohne entsprechende Updates – insbesondere bei fehlenden Sicherheitsaktualisierungen – ihre Funktionsfähigkeit verlieren. Die neuen Regelungen führen dazu, dass den Nutzern die Funktionsfähigkeit der Produkte über einen langen Zeitraum gewährleistet werden sollen.
Die höheren Anforderungen werden in Zukunft wesentliche Änderungen in den Vertragswerken zu Xaas-Verträgen erfordern. Auch müssen Anbieter sich Gedanken um die neuen Informationspflichten machen.
Doch nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von den Neuregelungen. Die Anbieter können nach jahrelanger Unsicherheit zur Einordnung von Daten als Gegenleistung, ihre Produkte jetzt rechtssicherer gestalten. Auch schützt die Informationspflicht diejenigen Dienstleister, die bereits gegenüber ihren Kunden transparent über die Verwendung der Daten informieren.
Grundsätzlich begrüßen wir die Rechtssicherheit, die mit der Änderung verbunden ist.
Obwohl die Anforderungen an Diensteanbieter einen deutlichen Mehraufwand bedeuten, könnte das Gesetz zu einer höheren Bereitschaft von Verbrauchern führen, für Dienstleistungen Geld zu bezahlen.
Auch vereinfacht die Regelung Diensteanbietern, sich von der Konkurrenz durch Datenschutz positiv abzuheben. Eine vernünftige Vertragsgestaltung oder ein tatsächlich für den Verbraucher kostenloses Produkt (auf Grund anderer Monetarisierungsmodelle) kann in Zukunft besser hervorgehoben werden.