COVID-19-Gesetz: Das Gesellschafts- und Vereinsrecht erfährt Erleichterungen

(Beitrag vom 08. Mai 2020)

Im Eilverfahren wurde das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie verabschiedet. Ziel dieses Gesetzes ist es u.a. die Durchführung von Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Europäischen Gesellschaften zu erleichtern. Diese sollen damit in die Lage versetzt werden, auch bei fortbestehenden Einschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten alle erforderlichen Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben. Damit ist der Weg für substanzielle Erleichterungen bei der Durchführung von Hauptversammlungen (AG, KGaA, VVaG und SE), Gesellschafterversammlungen (GmbH) bzw. von General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaft sowie von Mitgliederversammlungen von Vereinen frei geworden.

Die Erleichterungen sind im „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ geregelt und seit dem 28. März 2020 geltendes Recht in Corona-Zeiten.

Wir haben für Sie zusammengefasst, was sich für das Jahr 2020 geändert hat:

Virtuelle Hauptversammlung auch ohne Satzungsermächtigung
Der Vorstand kann, vorausgesetzt der Aufsichtsrad stimmt zu, darüber entscheiden, dass die sonst notwendige Präsenzversammlung der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, sofern nachfolgende Voraussetzungen gewahrt sind:

  • Bild- und Tonübertragung der gesamten Hauptversammlung
  • Stimmrechtsausübung der Aktionäre über elektronische Kommunikation (Briefwahl oder elektronische Teilnahme) sowie Vollmachtserteilung 
  • Fragemöglichkeit im Wege der elektronischen Kommunikation
  • Möglichkeit zum Widerspruch gegen einen Beschluss der Hauptversammlung

Der Vorstand hat bei Zustimmung des Aufsichtsrats nach pflichtgemäßem freiem Ermessen darüber zu entscheiden, welche Fragen er wie beantwortet. Er kann auch festlegen, dass Fragen zwei Tage vor der Versammlung im Wege der elektronischen Kommunikation einzureichen sind.

Erleichterte Zustimmung des Aufsichtsrats

Der Aufsichtsrat kann seine Zustimmungen ohne physische Anwesenheit der Mitglieder schriftlich, fernmündlich oder in vergleichbarer Weise beschließen

Verkürzung der Einberufungsfrist auf 21 Tage

Der Vorstand kann die Einberufungsfrist von 30 Tagen auf 21 Tage reduzieren. Zudem entfällt die Vorgabe, zu dieser Mindestfrist die bei Publikumsgesellschaften in der Satzung vorgesehenen Anmeldefristen hinzuzurechnen.

Zahlung von Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn ohne Hauptversammlungs-Beschluss

Der Vorstand kann, auch ohne Satzungsermächtigung, entscheiden, ob ein Abschlag auf den Bilanzgewinn an die Aktionäre gezahlt wird. Dies gilt auch für eine Abschlagszahlung auf die Ausgleichszahlung an außenstehende Aktionäre im Rahmen eines Unternehmensvertrags.

Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres

Der Vorstand kann entscheiden, dass die Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres stattfindet. Die Vorgabe, diese innerhalb von acht Monaten durchzuführen, wird damit ausgeweitet.

Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit bei präsenzloser Hauptversammlung

Die Anfechtung von Hauptversammlungs-Beschlüssen wird mit Blick auf Verletzungen bestehender aktienrechtlicher Vorgaben zur elektronischen Ausübung der Stimmrechte und Formerfordernisse für Mitteilungen an Aktionäre und Aufsichtsratsmitglieder sowie der Voraussetzungen der präsenzlosen Hauptversammlung auf Vorsatz der Gesellschaft beschränkt.

Kein Einverständnis der GmbH-Gesellschafter notwendig

Beschlüsse der Gesellschafter einer GmbH können nun in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden. Damit wird die Beschlussfassung außerhalb von Gesellschafterversammlungen im schriftlichen Verfahren erleichtert, denn anders als nach bislang geltendem Recht bedarf es nicht mehr der Zustimmung aller Gesellschafter mit dem Beschlussgegenstand bzw. der Art der Beschlussfassung. Demnach ist es ausreichend, dass der Beschlussgegenstand die erforderlichen Stimmen erhält.

Virtuelle General- und Vertreterversammlungen auch für Genossenschaften

Die Mitglieder können Beschlüsse nunmehr schriftlich oder in elektronischer Form, wie z.B. per E-Mail, fassen. Dies gilt auch dann, wenn das in der Satzung nicht vorgesehen ist. Telefon- oder Videokonferenzen sind ebenso möglich. In dem Fall muss aber der Vorstand der Niederschrift über die Beschlüsse der Generalversammlung eine Liste der Mitglieder beifügen, die an der Beschlussfassung mitgewirkt haben.

Einberufung der Generalversammlung wird erleichtert

Generalversammlungen lassen sich jetzt auch per Anzeige auf der Internetseite der Genossenschaft einberufen. Eine unmittelbare Benachrichtigung ist ebenso per Textform möglich. Auch kann die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat erfolgen, wenn die zuständige Versammlung aufgrund des Corona-Virus nicht stattfinden kann.

Virtuelle Mitgliederversammlungen und Abstimmungen auch für Vereine und Stiftungen

Die Neuregelung ermöglicht auch Vereinen und Stiftungen ihre gerade verbotenen Mitglieder- und Stifterversammlungen virtuell durchzuführen. Eine solche Versammlung soll auch dann möglich sein, wenn dies nicht ausdrücklich in der Satzung geregelt ist. Daneben sind nun auch Abstimmungen im Umlaufverfahren ermöglicht worden.

Praxistipp:

Sie können zum Zwecke der virtuellen Versammlung ein Videokonferenzprogramm nutzen, z.B. Skype, Zoom oder Teams. Allerdings sollte zur Meidung unwirksam gefasster Beschlüsse bei der Umsetzung der gesetzlichen Erleichterungen für Versammlungen unbedingt detailliert auf das neue Gesetz geachtet werden. Sprechen Sie uns an, wenn Sie sich unsicher in der Umsetzung der Neuregelungen sind. Wir erarbeiten einen Plan für Ihre geplante Versammlung.