Wer zahlt bei Quarantäneanordnungen von Mitarbeitern den Arbeitsausfall? Wo können Sie Hilfe beantragen?

(Beitrag vom 11.02.2021)

Während der Corona-Pandemie kommt es häufig zu Situationen, in denen der Arbeitnehmer aus verschiedenen Gründen nicht bei der Arbeitsstelle erscheinen kann. In diesen Fällen stellt sich die Frage, was das für die Vergütung bedeutet. Dabei sind allerdings die einzelnen Fallkonstellationen unterschiedlich rechtlich zu bewerten. Dies soll im Folgenden aufgeschlüsselt werden:

Grundsätzlich sind zwei Dinge festzuhalten. Wenn es dem Arbeitnehmer möglich ist, im Homeoffice zu arbeiten, wird die vertraglich geschuldete Leistung erbracht und es besteht auch weiterhin ein Anspruch auf die Vergütung. Anderenfalls gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Dieser Grundsatz kann allerdings durchbrochen werden, wenn ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Erstattung des Verdienstausfalls besteht.

 

I. Behördlich angeordnete Quarantäne

Sollte eine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot behördlich angeordnet worden sein, gibt es grundsätzlich zwei mögliche Ansprüche, die Abhilfe schaffen. Zunächst der Lohnfortzahlungsanspruch gem. § 616 BGB und der Entschädigungsanspruch bei Vergütungsausfall gem. § 56 Abs. 1 IfSG.

 

§ 56 IfSG

Wenn keine vorrangige Lohnfortzahlung einschlägig ist und der Arbeitnehmer nicht im Homeoffice arbeiten kann, kann er gem. § 56 Abs.1 IfSG den Verdienstausfall vom Arbeitgeber entschädigt verlangen. Dieser hat dann wiederum die Möglichkeit, auf Antrag den an den Arbeitnehmer ausgezahlten Verdienstausfall von der zuständigen Behörde erstattet zu bekommen, § 56 Abs. 5 S. 2 IfSG. Der zu erstattende Verdienstausfall entspricht dem Nettoverdienstausfall und wird höchstens sechs Wochen gewährt. Danach wird der Verdienstausfall nur noch in Höhe des Krankengeldes erstattet.

 

§ 616 BGB

Der Anspruch aus § 616 BGB geht dem Anspruch aus § 56 IfSG grundsätzlich vor. Voraussetzung für diesen Anspruch ist ein in der Person des Arbeitnehmers liegendes Leistungshindernis. Ein solches ist gegeben, wenn eine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot behördlich angeordnet ist. Wird allerdings behördlich angeordnet, dass der Betrieb in Gänze schließen muss, liegt kein „in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund“ vor und § 616 BGB ist nicht einschlägig. Eine weitere Voraussetzung ist auch, dass das Leistungshindernis für eine verhältnismäßig unerhebliche Zeit vorliegt. Geht man von einer behördlich angeordneten Quarantäne für eine Zeitraum von 14 Tagen aus, ist allerdings fraglich, ob dieser Zeitraum nicht schon erheblich ist. Normalerweise geht man von einem Zeitraum von 5 bis 10 Tagen aus, der von § 616 BGB gedeckt ist. Geklärt ist jedoch noch nicht, ob dieser Zeitraum im Rahmen der Pandemie angepasst werden muss.

Fest steht, dass in dem vom Arbeitgeber auszufüllenden Antragsformular nach § 56 Abs. 5 S. 2 IfSG anzugeben ist, ob dem Arbeitnehmer ein Anspruch nach § 616 BGB zusteht. Die Behörden gehen also offenbar grundsätzlich davon aus, dass ein solcher Anspruch besteht. In dem Fall würde der Antrag also definitiv abgelehnt werden.

 

II. Fälle ohne behördlich angeordnete Quarantäne

 

1. Freistellung

Wird der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber freigestellt, ohne dass eine nachgewiesene Infektion vorliegt, bleibt der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer Kontakt mit einer infizierten Person hatte und der Verdacht einer Infektion daher nahe liegt. Den Arbeitgeber könnte dann gegenüber den anderen Mitarbeitern eine Fürsorgepflicht treffen, sodass er den möglicherweise infizierten Arbeitnehmer freistellen muss. Die Pflicht zur Vergütung entfällt dann jedoch nicht, auch wenn der Arbeitnehmer nicht im Homeoffice arbeiten kann.

 

2. Symptomatische Infektion

Ist der Arbeitnehmer nachweislich infiziert und weist auch Krankheitssymptome auf, kann der behandelnde Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, sodass ohnehin ein Entgeltfortzahlungsanspruch gem. § 3 EFZG besteht. Wird daraufhin später eine Quarantäne angeordnet, gilt das oben gesagte.

 

3. Symptomlose Infektion

Liegt eine symptomlose Infektion vor, darf keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden, da der Arbeitnehmer physisch nicht außer Stande bzw. „unfähig“ ist, zu arbeiten. Dann liegen allerdings auch nicht die Voraussetzungen der Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz vor, sodass auf den Anspruch aus § 56 IfSG zurückgegriffen werden müsste.
Wichtig ist noch zu wissen, dass sowohl der Anspruch gem. § 616 BGB als auch der Anspruch gem. § 56 Abs. 1 IfSG voraussetzen, dass kein Verschulden vorliegt. Der Arbeitnehmer darf sich also nicht vorsätzlich oder fahrlässig infiziert haben. Dies ist jedoch der Fall, wenn der Arbeitnehmer in ein Risikogebiet reist und sich dort infiziert. In diesem Fall scheiden die Ansprüche aus und der Arbeitnehmer wird nicht vergütet. Etwas anderes gilt nur, wenn das Reiseziel noch nicht als Risikogebiet ausgewiesen war, als der Arbeitnehmer dort eingereist ist.

 

Empfehlung: 

Sie sollten zunächst überprüfen, ob der § 616 BGB in den von Ihnen verwendeten Arbeitsverträgen ausgeschlossen wurde. Wenn das so ist, hat der Antrag auf Entschädigungsleistung deutlich mehr Aussicht auf Erfolg. Es ist auch möglich, den § 616 BGB noch nachträglich auszuschließen in einer Nebenvereinbarung zum Arbeitsvertrag. Wenn die Arbeitnehmer dem zustimmen, kann man so eine Vereinbarung treffen. Dann könnte im Antragsformular auf Erstattung gem. § 56 IfSG angekreuzt werden, dass der § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen ist und der Anspruch auf Entschädigung würde von der zuständigen Behörde nicht von vorneherein abgelehnt.

Wenn wir Ihnen entsprechende Klauseln formulieren sollen oder bei der Antragstellung behilflich sein sollen, wenden Sie sich gerne an uns. Wir helfen.