Das Landgericht Paderborn hat Volkswagen erneut zum Schadenersatz auf Rücknahme des Fahrzeuges und Erstattung des Kaufpreises verurteilt.
Die gefahrenen Kilometer musste sich der Kläger als Nutzungsersatz anrechnen lassen – so wie es auch der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat.
Der Kauf erfolgte im Jahr 2014. Die neue Software wurde 2016 aufgespielt. Die Klage wurde erst 2020 erhoben, ohne dass der Kläger vorher in der „Sammelklage“ war.
Strittig war in dem Verfahren insbesondere, wann der Lauf der Verjährung in den Dieselfällen beginnt.
Volkswagen stellt sich auf den Standpunkt, dass mit Veröffentlichung des Skandals in USA und die daraufhin erfolgte Berichterstattung das Problem bekannt war und daher der Lauf der Verjährung (3 Jahre ab Kenntnis) begonnen hat. Die Verjährung wäre dann mit Ablauf des Jahres 2018 eingetreten. Demgegenüber steht aber unsere Auffassung, dass der betrogene Kunde allerfrühestens mit dem 1. Rückruf überhaupt wissen konnte, dass sein Auto betroffen ist. Weiterhin konnte er nicht wissen, was sich genau hinter den Softwareproblemen verborgen hat und wie es dazu innerhalb des Konzerns gekommen ist.
Insbesondere kann der Kunde auch nicht wissen, wer schließlich dafür verantwortlich ist und wie viel der Vorstand dazu beigetragen hat. Das ist aber Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch.
Unsere Rechtsauffassung hat das Landgericht Paderborn (wie auch schon das Oberlandesgericht Hamm) nun ausdrücklich bestätigt (AZ 2 0 288/20 verkündet am 16.11.2020):
"Der klägerische Anspruch ist auch nicht mit der Einrede der Verjährung behaftet.
…
Mit Blick auf die sich darstellenden Beweisprobleme gleich bei mehreren Anspruchsvoraussetzungen des § 826 BGB dürfte das öffentliche Bekanntwerden der Diesel-Problematik nicht ausreichen und wohl auch noch nicht allein die Kenntnis, dass das eigene Fahrzeug betroffen ist. Der Verbraucher, von dem erwartet wird, dass er Klage erheben kann muss auch über ausreichende Kenntnisse hinsichtlich des Wissens des Vorstandes der Beklagten und deren Schädigungsabsicht verfügen. Die Kenntnis des «Vorstandes vom Einsatz der Prüfstandsentdeckungssoftware bestreitet die Beklagte bis zum heutigen Tag. Zudem wurde der interne Untersuchungsbericht der Kanzlei Jones Day — trotz gegenteiliger Ankündigung der Beklagten — nicht veröffentlicht.
Insoweit dürfte die Verjährungsfrist frühestens mit den ersten stattgebenden Urteilen der Landgerichte und der Weigerung der Beklagten den internen Untersuchungsbericht zur Aufklärung des Diesel-Abgasskandals der Kanzlei Jones Day zu veröffentlichen, mithin im Jahr 2017, zu laufen begonnen haben. Erst zu diesem Zeitpunkt konnte von einem betroffenen Verbraucher erwartet werden Klage zu erheben."
Zum Problem der Verjährung wird auch der Bundesgerichtshof am 14.12.2020 (Aktenzeichen VI ZR 739/20) mündlich verhandeln.
Dann wird es gegebenenfalls auch weitere Rechtsklarheit geben.
Wir erwarten aber, dass der Bundesgerichtshof tatsächlich auf den Einzelfall abstellen wird und keinen pauschalen Beginn der Verjährung annehmen wird. Dazu war das Problem zu komplex und die Rechtsprechung zu unsicher.
Es gibt bereits Entscheidungen des Bundesgerichtshof wonach die Erhebung einer Klage (zur Verjährungsunterbrechung) bei einer unsicheren Sach- und Rechtslage ohne eine höchstrichterliche Entscheidung auch gar nicht zugemutet werden kann. Diese Unsicherheit war im Dieselskandal auch lange der Fall. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte war uneinheitlich.
In solchen Fällen ist der Beginn der Verjährung dann ebenfalls aufgeschoben.
Andererseits könnte der Bundesgerichtshof natürlich auch der Meinung sein, dass spätestens 2017 genügend Informationen vorgelegen haben und der Lauf der Verjährung begonnen hat. Dann ist mit Ablauf 2020 Schluss, wenn nicht vorher Klage erhoben wird. Wichtiger Beweggrund für den BGH könnte sein, bei diesem Thema mit Ablauf des Jahres 2020 "den Deckel drauf zu machen" und somit die Justiz und Hersteller von diesen Fällen wieder zu "entlasten".
Das ist der sichere Weg!
Wir gehen aber auch davon aus, dass auch im kommenden Jahr die Ansprüche noch nicht endgültig verloren sein werden.
Das kann aber nicht pauschal gesagt werde, sondern ist dann vom Einzelfall abhängig – und vom Bundesgerichtshof.
Wenn Sie ebenfalls vom Dieselskandal betroffen sind und ihre Ansprüche bislang (immer) noch nicht geltend gemacht haben, ist es somit noch nicht zu spät.
Übersenden Sie dann aber jetzt umgehend Ihre Unterlagen:
damit wir noch in diesem Jahr Ihre Ansprüche geltend machen können.
Nach dem 10.12.2020 können wir das dieses Jahr aber nicht mehr garantieren.
Eine Übersendung per Fax oder E-Mail genügt.